Frenkendörfer kämpft für Verkehrssicherheit

Auf Peter Hohmanns Internetseite erfährt man, welche Medikamente die Fahrfähigkeit beeinträchtigen
Von Dina Sambar

hohmann

Grosse Idee aus kleinem Büro. 
Peter Hohmann, Schöpfer der Internet-Plattform mymedi.ch.
Foto Dina Sambar

Frenkendorf/Bern. Letztes Jahr forderten Unfälle nach Drogen- und Medikamentenkonsum 153 Schwerverletzte und 20 Tote. Dies sind vier Mal weniger als nach Alkoholkonsum, doch die Beratungsstelle für Unfallverhütung (BfU) geht von einer hohen Dunkelziffer aus, wie im gestern erschienenen Sinus-Report 2012 steht.

 Denn deren Konsum lässt sich nur durch teilweise aufwendige Tests nachweisen, die nicht routinemässig durchgeführt werden. «Viele Leute wissen nicht, dass alltägliche Medikamente wie Heuschnupfen- oder Schlafmittel zum Teil auch Stunden nach der Einnahme die Fahrtauglichkeit beeinträchtigen können», sagt Rolf Moning, Mediensprecher der BfU: «Der Konsument sollte die Packungsbeilage lesen. Das tun aber viele nicht. Auch Ärzte informieren leider nicht immer.» Die BfU unterstützt deshalb die Internetplattform mymedi.ch. Dort können die Preise und differenzierten Selbstbehalte aller in der Schweiz zugelassenen Medikamente verglichen werden. Neu wurden nun auch alle 3500 Medikamente, welche die Fahrtüchtigkeit beeinträchtigen, mit einem Warnhinweis der BfU ergänzt.

Keine Warnhinweise auf Packung
Die Internetplattform ist in einem Büro in Frenkendorf entstanden. Ihr Schöpfer ist Peter Hohmann, Inhaber der HealthCare Management Group. Er hatte vor zehn Jahren selbst einen Unfall – weil seine Reaktionszeit von einem Heuschnupfenmittel stark beeinträchtigt worden war. Auf die Idee mit den Warnhinweisen kam Hohmann, als er vor einigen Wochen in der BaZ einen Artikel über die unterschätzte Gefahr von Medikamenten im Verkehr gelesen hat. Dass die BfU seine Idee mitträgt, freut ihn. «Diese zusätzliche Information macht Sinn», sagt Rolf Moning und bezieht sich auf die EU-Studie Druid, die eine verstärkte Sichtbarmachung der Gefahren für Verkehrsteilnehmer ausdrücklich empfiehlt. In der EU sind sogar entsprechende Warnhinweise auf den Medikamentenpackungen geplant. Stellt sich die Frage, weshalb in der Schweiz ein Privater diese Aufgabe übernimmt. «Stimmt, es ist komisch, dass ich das machen muss. Das wäre klar die Aufgabe des Bundesamtes für Gesundheit (BAG), sagt Hohmann, und wundert sich, dass auf jedem Zigarettenpäckchen Warnhinweise stehen, aber keine auf Medikamentenpackungen. Sowohl das BAG wie auch Swissmedic sprechen sich gegen solche Warnhinweise aus. Beide verweisen darauf, dass die Informationen bereits in den Packungsbeilagen stehen, und Ärzte und Apotheker ihre Patienten aufklären sollten. «Der Platz auf einer Medikamentenschachtel ist beschränkt», sagt Daniel Lüthi, Mediensprecher bei Swissmedic. Es sei nicht möglich oder sinnvoll, alle wichtigen Risiken auf der Schachtel wiederzugeben. «Die Gefahr besteht, dass die ausführliche Information in der Packungsbeilage dann nicht mehr gelesen wird», so Lüthi.

«Ein Toter weniger wäre gut»
Bei der BfU hält man gut sichtbare Warnhinweise trotzdem für wichtig. «Die Lösung mit der Internetseite ist besser als gar nichts, auch wenn wir Hinweise gerne direkt auf den Packungen gehabt hätten», sagt Moning. Zurzeit besuchen rund 20 000 User pro Monat mymedi.ch. Durch die Unterstützung der BfU erhofft sich Hohmann eine deutliche Steigerung: «Wenn es uns gelingt, dass es durch die Warnhinweise nur einen Strassentoten weniger gibt, hat sich die ganze Arbeit gelohnt.»

Laut Report hält der positive Trend an

Der Sinus-Report der BfU weist auf Entwicklungen im Unfallgeschehen hin und thematisiert Herausforderungen bei der Unfallverhütung. Laut dem aktuellen Bericht gab es letztes Jahr mit 320 Getöteten und 4437 Schwerverletzten auf Schweizer Strassen erneut weniger schwere Personenschäden als in den Jahren zuvor. Von 2001 bis 2011 nahm die Zahl der Schwerverletzten und Getöteten um jährlich etwa 200 ab. Diese positive Entwicklung betrifft jedoch vor allem Autoinsassen. Bei den Motorrad- und insbesondere den Radfahrern stieg der Anteil der Toten und Schwerverletzten. Handelte es sich im Jahr 2001 nur bei 14 Prozent aller Schwerverletzten um Radfahrer, lag ihr Anteil 2011 bereits bei 19 Prozent. Generell werden doppelt so viele Männer wie Frauen schwer verletzt. Bei den Getöteten sind es sogar dreimal so viele. dis