Interview mit Frau Caroline Schweizer

Interview mit Frau Caroline Schweizer

Frau Lorena Riboli schrieb ihre Dissertationsarbeit über den Gesundheitsmarkt. Der volle Titel der Arbeit lautet “Der Gesundheitsmarkt im Umbruch? Der Einfluss von Online Communities auf den Medikamentenmarkt”. Im Rahmen dieser Dissertationsarbeit erstellte Frau Riboli 8 Interviews mit Opinionleaders. Das achte und letzte Interview lesen Sie nachfolgend.

Interview mit Frau Caroline Schweizer (erkrankte vor drei Jahren an Lymphdrüsenkrebs im Stadium 3a und ist heute geheilt) persönlich durchgeführt am 10.10.07:

Wie und wo haben Sie sich nach der Diagnose ihrer Krankheit informiert?
Als erstes habe ich die Krebsbroschüren der Krebsliga, welche beim Onkologen im Universitätsspital in Zürich auflagen, mitgenommen und gelesen. Danach ging ich ins Internet und habe einfach mal über Google nach Informationen gesucht und mich vor allem auf Homepages, welche von Betroffenen selber geführt wurden, informiert. Ich wollte wissen, wie genau die Chemotherapie ablief, was für Nebenwirkungen diese hatte und wie der Krankheitsablauf war und deshalb hatte ich regelmässigen e-Mail Kontakt mit einem Betroffenen der gleichen Krankheit (er führte eine eigene Homepage über den Krebs). Als ich aber mit der Chemotherapie begann, liess das Bedürfnis nach Informationsaustausch nach und ich wollte selber an meinem eigenen Leib erfahren, wie es weiter ging. Ich denke, dass jeder Mensch anders ist und auch sehr individuell auf Chemotherapien reagiert. Auch von der emotionalen Sicht sind die Menschen sehr unterschiedlich und reagieren anders. Deshalb habe ich den e-Mailkontakt mit dem Kollegen abgebrochen. Da alles reibungslos lief und nach dem ersten CT sich der Krebs zurückgezogen hatte, hatte ich auch kein Bedürfnis mehr nach Informationen im Internet zu suchen. Nach 8 Monaten hatte ich die Krankheit besiegt. Ich kann mir aber vorstellen, dass wenn es Komplikationen gegeben hätte, ich sicherlich nochmals im Internet nach Informationen gesucht hätte. Nicht jedoch über Online Communities, da ich kein Vertrauen habe. Ich weiss nicht, wer dahinter steckt und wie schon erwähnt, jeder Mensch ist anders und reagiert auch anders auf gewisse Medikamente.

Inwiefern haben Online Communities/Foren die Beziehung zwischen Arzt und Patient veränert?
Bei mir war es so, dass ich den Arzt nicht mehr viel gefragt habe und meine Fragen meistens im Internet auf Homepages von Betroffenen beantwortet wurden. Der Arzt spricht meistens eine etwas andere Sprache, die medizinische eben, die man nicht immer versteht.

Wo stehen wir heute mit der Informationsasymmetrie der Patienten und wie sieht die zukünftige Entwicklung aus?
Ich denke, dass in meinem Fall ganz klar der Arzt der Spezialist war und ich mich zwar im Internet oder auf Homepages von Betroffenen Informationen geholt habe, aber noch lange nicht abschätzen konnte welches Medikament für mich gut war, da man bei Krebskrankheiten sehr viele verschiedene Krebsarten kennt und man sehr vorsichtig sein muss. Deshalb würde ich sagen, dass bei Krebsbehandlungen die Asymmetrie bestehen bleibt. Ansonsten, bei weniger schlimmen Krankheiten, die die Lebensqualität nicht einschränken, kann ich mir gut vorstellen, dass es vermutlich in Richtung Symmetrie geht, da sich zunehmend immer mehr Leute übers Internet informieren und auch über Online Communities Erfahrungen austauschen.

Was charakterisiert eine vertrauenswürdige Online Community/Forum?
Ich habe kein Vertrauen in solche Online Communities, sie sind für mich nicht zuverlässig, da jeder Mensch die Krankheit anders erlebt. Die Online Communities basieren vor allem auch auf einer emotionalen Basis und es sind meistens Leute in der Gemeinschaft, die keine Familie haben oder Alleinstehend sind und sich dort Unterstützung suchen.

Welchen Einfluss haben Online Communities/Foren auf den Gesundheitsmarkt / Medikamentenmarkt?
Der Einfluss ist klar vorhanden. Die Nachfrage nach Gesundheitsdienstleistungen nimmt sicherlich zu. Man muss jedoch unterscheiden, bei welchen Krankheitsbildern dieser Einfluss am grössten ist. Ich denke, dass bei meiner Krankheit Online Communities keinen grossen Einfluss auf der Medikamentenmarkt haben, da man schlussendlich immer den Rat des Arztes befolgt, das Risiko wäre ansonsten zu hoch. Bei Krankheiten wo man nicht mit dem Tod konfrontiert wird, nimmt der Medikamentenmarkt sicherlich zu, da mehr Gesundheitsleistungen nachgefragt werden wie oben erwähnt.