Interview mit Herrn Peter Marbet, Santésuisse
Interview mit Herrn Peter Marbet, Santésuisse
Frau Lorena Riboli schrieb ihre Dissertationsarbeit über den Gesundheitsmarkt. Der volle Titel der Arbeit lautet “Der Gesundheitsmarkt im Umbruch? Der Einfluss von Online Communities auf den Medikamentenmarkt”. Im Rahmen dieser Dissertationsarbeit erstellte Frau Riboli 8 Interviews mit Opinionleaders. Das vierte Interview lesen Sie nachfolgend.
Interview mit Herrn Peter Marbet, Leiter der Abteilung Politik und Kommunikation bei der Santésuisse, telefonisch durchgeführt am 11.10.07:
Welchen Einfluss haben Online Communities auf den Gesundheitsmarkt / Medikamentenmarkt? 
Der Einfluss ist vorhanden. Grundsätzlich ergeben sich zwei Effekte:  
- Online Communities können von Pharmafirmen unterwandert und somit gezielt von den Interessen der Pharmafirmen gesteuert sein. Es ist grundsätzlich eine Marketingstrategie von Pharmafirmen, nicht mehr über den Arzt oder Apotheker das Medikament zum Patienten zu bringen, sondern über Online Communities das Medikament zu platzieren, um direkt an den Kunden/Patienten zu gelangen.
- „Patient Empowerment“: Patienten sind selbstbestimmter und wollen ihre Kompetenz erweitern, um mehr bei der Therapieauswahl mitentscheiden zu können, damit sie eine wirksamere Medikation erhalten. Dies kann kostengünstiger sein, da der Patient sich schon vorinformiert hat. Es kann aber auch zu einer Fehlmedikation führen, wenn der Patient eine Therapie möchte, die er gar nicht benötigt.
Fazit: Der Medikamentenmarkt wird erweitert, vor allem auch weil die Pharmafirmen zusätzlich direkt beim Patienten Werbung machen und nicht mehr nur über Apotheken oder Ärzte zum Kunden gelangen.
Inwiefern haben Online Communities die Beziehung zwischen Arzt und Patient verändert? 
Einerseits stellen Ärzte fest, dass sie mit wesentlich kompetenteren Patienten konfrontiert sind. Der Patient hat die Chance, sich im Internet und über Online Communities zu informieren und auf den gleichen Wissensstand des Arztes zu gelangen. Es kann sich somit eine gleichberechtigte Beziehung zwischen Arzt und Patient ergeben. Andererseits kann es für den Arzt unangenehm sein, wenn der Patient mit Falsch- oder Halbwissen kommt und er den Patienten aufklären muss. Ein Beispiel dazu sind vor allem Gesundheitssendungen im TV; am nächsten Tag nach der Sendung wollen die Leute irgendwelche Gesundheitsleistungen in Anspruch nehmen, welche vielleicht gar nicht nötig wären oder zu einer Fehlmedikation führen können. 
Wo stehen wir heute mit der Informationsasymmetrie zwischen Arzt und Patient? Wie sieht die zukünftige Entwicklung aus? 
Der Wissensstand vom Patienten ist heutzutage besser, was folglich in der Tendenz zu mehr Informationssymmetrie führt. Wichtig ist aber, dass die Qualität der Informationen, welche übers Internet und Online Communities verbreitet werden, gut und hochstehend ist und dies garantiert werden kann.
Was charakterisiert eine vertrauenswürdige Online Community? 
Die Absenz von Pharmafirmen! Eigentlich kann ich diese Frage nicht beantworten. Es ist aber so, dass die meisten Betreiber von Online Communities kein Geld haben und gesponsert werden müssen. Dahinter stecken leider meistens Pharmafirmen mit gezielten Interessen und Absichten. Aber auch viele etablierte Organisationen, die vertrauenswürdig dastehen, haben trotzdem kommerzielle Interessen. Meiner Meinung nach sollte die Information, welche man auf einer Internetseite bekommen hat, an einem zweiten Ort bestätigt werden, um eher sicher zu gehen, dass sie stimmt und nicht von kommerziellem Interesse ist. 
Inwiefern kann man interessensbezogene oder falsche Informationen über Online Communities verbreiten? (wo liegen die Grenzen) 
„Dummheit ist nicht strafbar“. Man kann falsche Informationen verbreiten, beispielsweise wenn in einer Online Community gesagt wurde, dass ein Medikament von der Krankenkasse bezahlt wird, dieses Medikament aber in der Realität nicht von der Krankenkasse bezahlt wird, dann kann man die Internetseite oder Online Community kaum anklagen. Hingegen wenn ein Leistungserbringer, zum Beispiel ein Arzt, dies sagen würde, dann könnte man ihn aufgrund einer Verletzung der Aufklärungspflicht belangen. Es kommt aber auch drauf an, wie offiziell die Internetseite ist. 
Wie können Pharmafirmen mit Online Communities zusammenarbeiten?
Indem sie die Online Communities sponsern, ihnen die Informatikinfrastruktur bezahlen, sie real zur Verfügung stellen oder über die Verlinkung zu pharmaeigenen Seiten. 
Was für einen Einfluss haben Online Communities auf Krankenkassen? 
Aufgrund der in Frage 1 erwähnten Effekten kann man sagen, dass die Nachfrage nach Gesundheitsleistungen zunimmt und somit der Konsum steigt. In der Tendenz ist eher mit steigenden Kosten der Krankenkassen zu rechnen, was letztlich für den den Konsumenten wieder zu höheren Prämien führt. 
Kennen Sie den Begriff SWISS PALS? Wenn ja, was ist Ihre Meinung darüber? 
Nein.
 
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