Medikamente ohne Rezept in der Apotheke

Medikamente ohne Rezept in der Apotheke

Der Bundesrat will die Medikamenten-Abgabe in Apotheken und Drogerien lockern: Rezeptpflichtige Medikamente sollen in Zukunft nach einem Gespräch erhältlich sein.

Der Bundesrat will die Regeln zur Medikamenten-Abgabe lockern: Apotheken sollen einige rezeptpflichtige Medikamente nach einem Beratungsgespräch abgeben dürfen. Für den Detailhandel und Drogerien gibt es ebenfalls Erleichterungen. Mit der vereinfachten Abgabe von Arzneimitteln soll die Selbstmedikation vereinfacht werden, wie Gesundheitsminister Alain Berset am Mittwoch vor den Medien in Bern sagte. Die Regierung verabschiedete dazu die Botschaft für die Revision des Heilmittelgesetzes. Apothekerinnen und Apotheker sollen demnach ihre Kunden vor der Abgabe von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln fachlich beraten müssen. Ob ein Medikament in Apotheken ohne ärztliches Rezept abgegeben werden darf, soll das Heilmittelinstitut Swissmedic überprüfen. Noch unklar ist, wie viele Medikamente in Frage kommen.

Tabletten bei Coop und Migros

Drogerien sollen sämtliche nicht-rezeptpflichtigen Medikamente verkaufen dürfen. Einige dieser Mittel sollen zudem auch im Detailhandel erhältlich sein. Dazu gehörten beispielsweise Tees oder Halswehtabletten, sagte Berset. Trotz der Lockerung stehe die Sicherheit der Patienten aber nach wie vor im Zentrum. Nicht gerüttelt wird an der Medikamentenabgabe in Arztpraxen, die Bersets Vor-Vorgänger Pascal Couchepin als Sparmassnahme verbieten wollte. Nach dem starken Widerstand der Ärzteschaft verzichtete der Bundesrat darauf, dass heisse Thema in dieser Vorlage anzupacken. Wer wie viel Marge aus dem Medikamentenverkauf erhalten soll, will Berset gesondert angehen, wie er sagte. Ein Sparpotenzial dürfte laut Berset auch die neuen Verkaufsregeln bergen. Wie viel gespart werden kann, sei aber schwierig abzuschätzen.

Verbindungen offenlegen

Verbessern will der Bundesrat auch die Transparenz zu Anreizen, mit denen Pharmafirmen die Ärzte und Apotheken zur Verschreibung und zum Verkauf ihrer Produkte animieren wollen. «Ärzte sollen sich voll auf ihr Fachwissen stützen und nicht durch finanzielle Anreize beeinflusst werden», sagte Berset. Gewisse Rabatte will der Bundesrat verbieten. Ganz unterbinden will er die Anreize aber nicht. «Der Wettbewerb soll möglich bleiben», sagte Pascal Strupler, Direktor des Bundesamtes für Gesundheit (BAG). Bei Vorteilen oder Geschenken wie Warenboni oder Gratismuster müsse jedoch Klarheit herrschen. Ärzte und Apotheker sollen auf Rechnungen ausserdem deklarieren, welche Preisrabatte und Rückvergütungen sie beim Einkauf eines Heilmittels erhalten haben. Auch geschäftliche Verbindungen zu Herstellern sollen sie offenlegen. Geplant sind zudem Geld- oder sogar Freiheitsstrafen für Vergehen. Für die bessere Information der Patienten will der Bundesrat zudem eine Informationsdatenbank zu zugelassenen Arzneimitteln schaffen. Die Pharmafirmen, denen die Publikation solcher Angaben heute obliegt, kommen ihrer Pflicht laut Bundesrat nicht immer nach.

Kindermedikamente fördern

Ferner zielt die Revision darauf ab, die Entwicklung von Kindermedikamenten zu fördern, die wegen des grösseren Aufwands heute teilweise fehlen. Als Anreiz für die Pharmaindustrie, solche Medikamente auf den Markt zu bringen, soll beispielsweise der Patentschutz verlängert werden.
Der Bund soll zudem eine Datenbank zum Medikamenteneinsatz bei Kindern aufbauen. Für den Aufbau der Datenbank, die sich an Ärzte richtet, veranschlagt Berset rund drei Jahre. Weiter regelt die Revision die Zulassung von Medikamenten der Komplementärmedizin und Pflanzenheilkunde. Diese sollen Erleichterungen erfahren und damit leichter zugänglich sein. Bei der Heilmittelgesetz-Revision handelt es sich um die zweite Etappe, nachdem 2010 die Arzneimittel-Versorgung für Spitäler verbessert wurde.

(sda)
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