So schamlos wüten die Pharma Lobbyisten

So schamlos wüten die Pharma Lobbyisten

Das Beispiel von Ruth Humbel zeigt, wie frech etwa Pharmafirmen Parlamentarierer einspannen, um ihre fetten Gewinne zu retten.

Von Henry Habegger / Redaktion Blick News vom 07.12.09

Im Herbst noch waren sich angeblich alle einig: Nach dem massiven Anstieg der Krankenkassenprämien braucht es Sparmassnahmen bei allen Akteuren des Gesundheitswesens. Aber nur ein paar Monate später zeigt sich: Die Profiteure des Gesundheitskuchens wüten wie eh und je. Unterstützt von Heerscharen von teuren PR-Beratern und Parlamentariern setzen sie mit vereinten Kräften ihre Interessen auf dem Buckel der Prämienzahler durch.

Den schamlosesten Angriff lancierte kürzlich die Allianz von Pharma, Apothekern, Ärzten und Privatspitälern. Sie schob den nur scheinbar unabhängigen Gesundheitsökonomen Willy Oggier vor, um öffentlich frech das ersatzlose Versenken des Sofortmassnahmen-Pakets zur Eindämmung der Prämienexplosion zu fordern. Scheinheilige Begründung: Die noch von Pascal Couchepin eingeleitete «Sofortmassnahmen-Hektik» sei falsch, der neue Gesundheitsminister Didier Burkhalter verdiene «die Chance für einen Neuanfang». Dass dieser diese «Chance» gar nicht wollte, sagten sie nicht.

Wie die Lobbys arbeiten, zeigt das Beispiel der CVP-Nationalrätin Ruth Humbel-Näf. Im Herbst kämpfte sie als Präsidentin der Gruppe Ineichen für Einsparungen von gut einer Milliarde. Einer ihrer Vorschläge: Stehen mehrere Medikamente mit gleichen Wirkstoffen zur Wahl, muss die Krankenkasse nur den Preis des günstigsten plus maximal 10 Prozent vergüten.

Jetzt kämpft Ruth Humbel wieder an vorderster Front. Aber nun auf Seiten von Intergenerika, des Verbands der Hersteller von Nachahmerprodukten: «Das Billigstprinzip» sei «ein falscher Weg», sagt Humbel jetzt.

Eine Wende, die kaum erstaunt, denn Humbel räumt ein: Sie habe seit Juni ein Mandat von MSD, der Schweizer Tochter des Pharmariesen Merck.

Die CVP-Frau sagt, sie sei immer skeptisch gewesen zum «Billigstpreisprinzip», habe es aber im Sinne von Opfersymmetrie mitgetragen. Die aber sei jetzt weg. Tatsächlich haben National- und Ständerat das ursprüngliche, rund eine Milliarde schwere Sparpaket arg zerzaust: Praxispauschale, kostenloser Telefondoktor, differenzierter Selbstbehalt, gleiche Tarife bei Spitälern und Ärzten, tiefere Apothekermargen sind weitgehend Opfer der gefrässigen Lobbys geworden.

Geblieben ist nur das, was Couchepin selbst entscheiden konnte: Der Medikamentenbereich, wo rund 400 Millionen gekürzt wurde und im Parlament noch 240 Millionen offen sind. Und hier werden die Lobbys und ihre parlamentarischen Helfershelfer schon heute wieder versuchen, ihre Gewinne zu retten: Der Nationalrat diskutiert ein weiteres Mal über den Resten des Sparpakets, das letzte Woche auch der Ständerat wieder dezimiert hat.