Versichertenkarte ….. ein Flop aus Plastik
Versichertenkarte ….. ein Flop aus Plastik
Die neue Versichertenkarte landet dieser Tage in vielen Briefkästen. Doch sie hält nicht, was sie verspricht. Ärzte und Krankenkassen wenden sich gegen sie. Wichtige Fragen und Antworten.
Warum hat meine neue Krankenkassenkarte einen Chip?
Ab diesem Jahr verlangt das Bundesamt für Gesundheit (BAG) von den Krankenkassen, dass sie ihren Mitgliedern Versichertenkarten mit einem elektronischen Chip ausstellen. Dabei stützt es sich auf einen Entscheid des Parlaments aus dem Jahr 2004. Die Einführung der Versichertenkarte ist der erste Schritt in Richtung des Digitalisierungsprojekts eHealth. Fernziel von eHealth ist das elektronische Patientendossier. Darin sollen einmal alle medizinischen Daten eines Patienten gespeichert sein, von der Blutgruppe über Laborberichte bis zu Röntgenbildern.
Was verspricht sich der Bund von der digitalen Speicherung der Gesundheitsdaten?
Die Versichertenkarte vereinfacht gemäss BAG die Abrechnungsprozesse zwischen Versicherern und Ärzten, Apothekern oder Spitälern, weil die administrativen Daten von Anfang an korrekt übernommen werden. Die medizinischen Daten auf der Karte könnten wertvolle Hinweise zur Diagnose und Behandlung liefern und im Notfall gar Leben retten.
Das setzt aber voraus, dass Ärzte, Kassen und Spitäler die nötige Infrastruktur aufbauen. Das BAG geht davon aus, dass diese in der zweiten Jahreshälfte zur Verfügung stehen wird. Momentan verfügt nur jeder zehnte Arzt über das notwendige Lese- und Schreibgerät.
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Welche Daten sind auf dem Chip gespeichert?
Beim Erhalt der Karte sind Name und Vorname, AHV-Nummer, Geburtsdatum, Geschlecht, Krankenkasse, Kartennummer und Ablaufdatum der Karte gespeichert. Es sind die gleichen Daten, die auch auf der Karte aufgedruckt sind. Daten zur Gesundheit finden sich darauf noch keine.
Welche Vorteile bietet die elektronische Karte mir als Versichertem?
Im Moment bietet sie im Vergleich zur alten Karte mit Magnetstreifen noch keinen Vorteil. Nur wenn Sie das ausdrücklich wünschen, kann Ihr Arzt, Zahnarzt oder Chiropraktor Gesundheitsdaten abspeichern. Nur diese drei Berufsgruppen können medizinische Daten auf den Chip schreiben und löschen. Apothekern ist es nur erlaubt, die Medikation aufzunehmen und zu löschen.
Meine neue Karte hat gar keinen Chip. Warum?
Einige Kassen, darunter Swica, KPT, Atupri und Assura, verzichten auf die Einführung der elektronischen Versichertenkarte. Sie bestreiten den Mehrnutzen und kritisieren die hohen Kosten. Für ihr Verhalten könnten die Kassen vom BAG gebüsst werden. Das Bundesamt geht aber davon aus, dass es zu einer einvernehmlichen Lösung kommen wird.
Wer soll denn in Zukunft die medizinischen Daten auf meiner Karte lesen können?
Alle Ärzte, Apotheker, Zahnärzte, Chiropraktoren, Hebammen, Physiotherapeuten, Ergotherapeuten, Pflegefachleute, Logopäden und Ernährungsberaterinnen, die über eine von Bund oder Kantonen anerkannte Ausbildung verfügen und denen der Patient die Zustimmung erteilt (das sogenannte Leserecht).
Allerdings: Wie die Krankenkassen steht die Ärzteschaft der Einführung der elektronischen Versichertenkarte kritisch gegenüber (siehe unten: «Ärzte gegen Karte»).
Welche Daten kann ich auf der Karte speichern lassen?
Freiwillig gespeichert werden können medizinische Angaben zu Blutgruppe und Transfusionen, Impfungen, Transplantationen, Krankheiten, Allergien, Unfallfolgen, Medikation. Daneben administrative Daten: Adresse, Versicherungsform, Unfall- und Zusatzversicherung, Adressen von Angehörigen und der Hinweis auf eine bestehende Patientenverfügung.
Wie kann ich meine Daten vor unberechtigtem Zugriff schützen?
Sie können nicht verpflichtet werden, Ihre persönlichen Daten offenzulegen. Und Sie haben die Möglichkeit, die medizinischen Daten mit einem PIN-Code zu schützen. Bei einem medizinischen Notfall kann das aber ein Nachteil sein, weil Sie den Ärzten dann den PIN-Code geben müssten.
Was mache ich, wenn ich die Karte verliere?
Bei Verlust, Diebstahl oder wenn Sie den PIN-Code vergessen, sind alle Daten unwiderbringlich verloren. Sie müssen bei Ihrem Versicherer eine neue Karte bestellen. Das BAG schätzt die Gefahr als klein ein, dass Daten auf einer verlorenen oder gestohlenen Karte missbraucht werden. Um sie lesen zu können, braucht es einen gültigen Leistungserbringernachweis und ein Lesegerät mit der entsprechenden Software.
Was geschieht bei einem Wechsel der Versicherung?
Der neue Versicherer stellt Ihnen eine neue Karte aus. Der alte Versicherer kann als Eigentümer die alte Karte zurückverlangen, um Missbräuche zu verhindern. Sie haben selbstverständlich die Möglichkeit, die Daten zu löschen, bevor Sie die Karte bei Ablauf oder Versicherungswechsel Ihrem Versicherer zurücksenden. Dazu zerschneiden Sie einfach mit einer Schere den Mikrochip.
Lassen Sie sich von Ihrem Arzt, Apotheker, Zahnarzt oder Chiropraktor eine Kopie der Daten ausdrucken, damit diese beim nächsten Besuch auf die neue Karte aufgenommen werden können. Eine elektronische Übertragung der Daten ist nicht möglich.
Steigen wegen der Versichertenkarte die Krankenkassenprämien?
Die Einführungskosten der Karte belaufen sich laut Berechnungen des BAG auf rund 25 Millionen Franken. Das bedeutet rund drei Franken pro versicherte Person. Da die Karte voraussichtlich drei Jahre gültig sein wird, ergeben sich jährlich wiederkehrende Kosten von rund neun Millionen Franken. Das entspricht weniger als einem Tausendstel der gesamtschweizerischen Prämien.
Quelle: Beobachter Ausgabe 7/10 von Gian Signorell